Berlin – Das Stadion des Schweizer Fußballclubs Schaffhausen heißt seit dieser Saison „Berformance-Arena“. Hauptsponsor des Vereins ist die in Berlin ansässige Berformance Group AG, die als Vertriebsdienstleister für digitale Zukunftstechnologien tätig ist, zum Beispiel im Bereich High Performance Computing (HPC) und Cloud Services. Sprechblasenhaft heißt es seitens des Unternehmens: „Unsere Motivation: von der Tradition profitieren und sich dem Wandel verpflichten! Unsere Mission: wir stellen den Menschen in den Fokus unseres Handelns – denn die Berformance-World ist wegweisend und verlässlich.“ Roland Klein, Präsident des FC Schaffhausen, freut sich jedenfalls über den neuen Partner: „Die Zusammenarbeit wird über den Namen und das Sponsoring hinausgehen. Wir werden im Bereich Digitalisierung des FC Schaffhausen wie auch der Berformance-Arena gemeinsame Projekte durchführen.“ Berformance-CEO Christian Lux erklärte zufrieden, man sei nun der Namensgeber „von einem der schönsten Stadien in der Schweiz. Der FC Schaffhausen passt top zu unserer Motivation.“ Im Fußball wie bei neuen Technologien stünden die Menschen und Emotionen im Mittelpunkt. „Wo können wir die Emotionen besser ausleben als in einer Arena. Wir freuen uns auf eine aktive Partnerschaft mit dem FC Schaffhausen.“ Laut dem Verein wird der Name des Vertriebsdienstleisters mindestens für die erste Saisonhälfte auf der Brustseite der Mannschaftstrikots zu sehen sein.
Auch schon Cengiz Ehliz und Wee hübschten sich vor der Pleite mit dem FC Sion auf
Christian Lux hält sich für nicht weniger als den Vereinsretter: „Ohne unseren Einstieg hätte der FCS nicht zur neuen Saison antreten können.“
Aber solche Worte gebrauchte auch schon der krachend gescheiterte Visionär Cengiz Ehliz aus Bad Tölz, der gemeinsam mit seinen Helfershelfern Michael Scheibe und Tilmann Meuser einen Einstieg um „1,5 Millionen Euro“ beim schweizerischen Erstligisten FC Sion als begnadeten Schachzug Investoren verkauften.
Hoffentlich geht Berformance da beständigere Wege.
Ein „Hilferuf“ habe ihn aus dem Netzwerk von Ex-FCS-Coach Murat Yakin erreicht, sagt Christian Lux. Nichts zu tun mit dem Kontaktaufbau habe Ex-Luzern-Profi Simon Grether, der bei Berformance in der Zürcher Filiale als „Chief Sales Officer Switzerland“ fungiert. Was Berformance mit dem Club vorhat, beschreibt Lux so: „Wir wollen beispielsweise das Stadion digitalisieren, eine neue Klubwebsite gestalten, Events organisieren oder wenn, wie jetzt gerade nötig, auch helfen, einen neuen Athletiktrainer zu finden.“ In fünf Jahren soll Schaffhausen in der Super League spielen. Dabei war der Verein Mitte Oktober Tabellenletzter der Challenge League. Vielen Beobachtern ist nicht nur unklar, wie ein krisengeplagter Challenge-League-Verein zu einem Super-League-Topklub mutieren soll. Sie fragen sich auch, wie ausgerechnet Berformance als Sponsor das bewerkstelligen will. Die Schweizer Tageszeitung „Blick“ beschäftigt die Frage, woher der FCS-Partner überhaupt das Geld nehmen will und bezeichnet dessen Geschäftsmodell als „mysteriös“. Es gehe vornehmlich um die „IT-Branche, um Bitcoins und Blockchain, Software und Rechenzentren in Skandinavien“. Lux räumte auf Nachfrage ein, dass die Berformance Group AG keine eigenen Produkte herstellt, sondern ausschließlich in der Vermarktung und Vermittlung tätig ist. Man lebe von den Provisionen, die man für Akquisitionen erhalte.
Noch kritischer als „Blick“ setzt sich die „Schaffhauser AZ“ mit den Machenschaften von Berformance auseinander. Eine im September 2023 veröffentlichte Reportage zum „System Berformance“ wird so eingeleitet: „Verschwörungstheorien, absurde Renditeversprechen und Gründer, die in betrügerische Firmen involviert waren: Willkommen in der VIP-Lounge von Berformance, dem neuen Hauptsponsor des FC Schaffhausen.“ Trotz intensiver Recherchen ist den Journalisten des lokalen Wochenblattes unklar, wie und womit das Unternehmen das Geld verdient, das dem strauchelnden FC Schaffhausen wieder auf die Beine helfen soll. Die Internetseite macht sie misstrauisch: Für 249 Euro erhält man dort Zugang zu einer „World“ und einer „lebenslangen Community“, die irgendetwas mit Bitcoins und Hochleistungscomputern zu tun hat. Mit der einmaligen Zahlung dieser 249 Euro bekommt man Zugriff auf alle „World-Upsell-Produkte mit exklusiven Sonderangeboten“, ein eigenes Dashboard, einen zehnprozentigen Rabatt für den hauseigenen Shop sowie Einblicke in die Konzepte der Business-Partner. „Aber was hier wirklich vorgeht, erfährt man auf der Website nicht. Was macht Berformance? Was ist ihr Geschäftsmodell?“, fragt die „Schaffhauser AZ“. Auf ihrer Facebook-Seite wirft die Berformance Group Interessenten ein paar Wortbrocken hin, die auch nicht viel mehr Licht ins Dunkel bringen. Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung, die immer mehr Möglichkeiten zur sicheren Datenspeicherung erfordere, biete man „maßgeschneiderte Cloud-Storage-Lösungen“ an. Cloud-Storage-Systeme werden zur Speicherung und Verwaltung von Daten in der Cloud genutzt und sind eng mit dem High Performance Computing (HPC) verbunden. An anderer Stelle lässt man durchblicken, dass es um die Erzielung passiver Einkommen durch Rechenleistung und Cloud Storage geht.
Wer bei Berformance nach außen hin keine große Rolle mehr spielt, ist Andreas Baese. Der Geschäftspartner von Christian Lux war der Ideengeber der Erfurter FSR GmbH mit ihrer Marke Berformance. Offiziell vertreten durch Gerrit Kößling, kümmert sich FSR um die Ausarbeitung alternativer Finanzkonzepte. Dazu gehören Sachwertinvestitionen in Mining-Technologie und Beratungsleistungen zur Blockchain-Nutzung. Bei Facebook schrieb Andreas Baese einmal: „Ich gehöre zu Berformance, deren Zweck es ist, mit Menschen zu kommunizieren, um ihnen das Thema Bitcoin, Blockchain und Digitalwährung nahezubringen. Da wir über jahrelanges Know-how und nachweisbare Erfahrung in diesem Bereich verfügen, sind wir in der Lage, ihnen ein breites und für jedes Bedürfnis zugeschnittenes Portfolio an Produkten im kryptischen Bereich anzubieten.“ Direkt nach dem Einstieg beim FC Schaffhausen trat Berformance mit einer neuen Internetseite an die Öffentlichkeit und ließ den Namen des Berformance-Gründers diskret verschwinden. Die „Schaffhauser AZ“ scheute keinen Rechercheaufwand und fand heraus, dass Andreas Baese mit seiner zwielichtigen Vergangenheit als Geschäftemacher immer noch eine wesentliche Rolle im Unternehmen spielt. AZ-Autor Kevin Brühlmann schrieb: „Als es für die Bitclub-Verantwortlichen ungemütlich wurde, gründete Andreas Baese Berformance. Laut eigenen Angaben stieg er vor Kurzem aus. Doch über die Website von Berformance gelange ich in die Partnerkartei der Firma – durch einen sehr einfachen Trick, der in etwa so funktioniert wie das Knacken eines Zahlenschlosses durch ein bisschen Herumproben. Überraschung: Baese ist noch immer als Nummer eins eingetragen.“ Über das Unternehmen Bitclub Network, für das Baese vorher gearbeitet habe, schreibt die Wochenzeitung: „Das Geschäftsmodell von Bitlcub sah vor, Leute dazu zu bringen, in angebliche Hochleistungscomputer zu investieren. Diese Rechner würden Kryptowährungen schürfen, behaupteten die Betreiber. Innert 1.000 Tagen würde sich das investierte Geld verdoppeln.“ In diesem Zusammenhang erinnert die Wochenpostille an Baeses Geschäftsführertätigkeit für „Blue Pegasus“, ein Unternehmen, das wegen schweren Betrugs mit Autos ins Visier der Justiz geriert. Der Staatsanwalt kritisierte seinerzeit „die besondere Rücksichtslosigkeit der Geschäftemacherei um jeden Preis“.
Bei Berformance – das kann man bei allen spärlichen Informationen zum Geschäftsmodell sagen – geht es um Network-Marketing mit grotesken Renditeversprechen durch Investitionen in Hochleistungscomputer. Vorher war direkt von Kryptowährungen als Renditegaranten die Rede. Und aus diesem Dunstkreis sollen nun die dringend benötigten Sponsorengelder für den FC Schaffhausen fließen? Geld scheint die Berformance Deutschland GmbH selbst dringend zu brauchen. So vertreibt sie über einen Online-Shop diverse Merchandise-Artikel zu völlig überteuerten Preisen. Die Idee des Merchandising – Umsatzförderung durch Produkte, die die eigene Unternehmensbotschaft transportieren – wird durch diese Hochpreisstrategie ad absurdum geführt. Aber offensichtlich zählt jeder müde Euro als Zusatzeinnahme. Ein Kapuzenpullover mit Berformance-Logo auf der Vorder- und Namensschriftzug auf der Rückseite wird für schlappe 59,99 Euro angeboten. Ein schlichtes T-Shirt gibt es für 25,99 Euro und einen Soft-Touch-Kugelschreiber ab 8,50 Euro.