Bad Dürkheim – Lars Nikolai Stevenson ist ein Unternehmer durch und durch. Mit seiner Automarke Elaris mischt der Deutsche mit internationalen Wurzeln derzeit den Markt für erschwingliche Elektroautos auf.
In Deutschland ist die Zahl der neu zugelassenen Elektrofahrzeuge zuletzt deutlich zurückgegangen. Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) kamen im September 2023 nur 31.714 Elektroautos neu auf die Straße, was im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Rückgang von 28,6 Prozent ist. Der Anteil der E-Autos an allen Neuzulassungen lag bei etwa 14 Prozent – im August 2022 war noch jedes dritte neu zugelassene Auto ein Elektro-Pkw. Meist wird dieser Einbruch mit dem Auslaufen der staatlichen Förderung für gewerblich genutzte Elektroautos begründet. Demnach haben viele Gewerbetreibende eigentlich für später geplante Autokäufe auf den Monat August vorgezogen, um im letzten Moment noch staatliche Subventionen abgreifen zu können.
Seit diesem September können nur noch Privatpersonen, die ein Elektrofahrzeug ausschließlich privat nutzen wollen, den staatlichen „Umweltbonus“ beantragen. „Die Abschaffung des Umweltbonus für gewerblich genutzte Pkw wird einen negativen Effekt auf deren Zulassungen und damit den Elektro-Pkw-Markt insgesamt haben“, warnt der Verband der Automobilindustrie (VDA). Dessen Präsidentin Hildegard Müller sieht nun den breiten Umstieg auf die Elektromobilität gefährdet, weil Dienstwagen entscheidend zu einem klimafreundlicheren Pkw-Bestand und zur Erreichung der Klimaziele beitrügen. „Es ist nun entscheidend, das Vertrauen der Menschen in die Elektromobilität anderweitig zu stärken: Die öffentliche Ladeinfrastruktur muss noch konsequenter ausgebaut und die Stromnetze fit für die Zukunft gemacht werden.“
Die Zulassungszahlen von Batteriefahrzeugen hängen nur deshalb so stark von der Gewährung staatlicher Zuschüsse ab, weil sie immer noch zu teuer sind. Ein breites Angebot an ebenso leistungsstarken wie bezahlbaren Elektroautos ist die Voraussetzung für das Gelingen der grünen Verkehrswende. Davon ist Lars Stevenson, Gründer und CEO von Elaris, zutiefst überzeugt. „Mobilität muss sich dem Menschen anpassen. Es braucht gelungene technische Unterstützung und bezahlbaren Komfort und Technologie auf hohem Niveau“, sagt der E-Auto-Enthusiast. „Der normale Verbraucher interessiert sich nicht mehr für PS oder Geschwindigkeiten, sondern fordert fortschrittliche E-Mobilität zu bezahlbaren Preisen.“ Weil entsprechende E-Auto-Angebote das A und O seien, schlage die Stunde der chinesischen Autobauer, ist Stevenson überzeugt. China habe sich in den letzten Jahren still und heimlich zum Leitmarkt der Elektromobilität entwickelt. Deutsche Hersteller liefen wegen des Preisvorteils der fernöstlichen Konkurrenz Gefahr, abgehängt zu werden.
Hier setzt die Elaris AG aus dem rheinland-pfälzischen Grünstadt an, um die klimafreundliche Mobilitätswende zu forcieren. Sie nutzt die Vorteile vollautomatisierter chinesischer Produktionsstätten und importiert bezahlbare und zugleich technisch anspruchsvolle Elektroautos nach Deutschland. Elaris hat sich darauf spezialisiert, die Standardmodelle von Skywell, Dorcen und GAC für den europäischen Markt umzubauen und kundenindividuell anzupassen. Man kann sich das Ganze als ein hochinnovatives Baukastensystem vorstellen: Die Batterien der Elaris-Fahrzeuge kommen von BYD und CATL, der Innenausbau stammt vom bayerischen Mittelständler Koller, und nach ihrer Ankunft in Bremerhaven werden die Autos mit der eigenen Software auf Android-Basis versehen. Die vom Fertigungsband laufenden Autos sind nicht dieselben Fahrzeuge, die Skywell für den chinesischen Heimatmarkt herstellt. „Alle Fahrzeuge von Elaris sind selbstverständlich für den EU-Markt zertifiziert und vollständig homologisiert. Und wir können auf Kundenwünsche eingehen, weshalb alle Autos schnell angepasst werden können. Bei uns trifft Präzision auf Flexibilität“, versichert Lars Stevenson. Der frühere Programmierer und Software-Verkäufer hat wegen familiärer Wurzeln einen besonders guten Zugang zu chinesischen Auftragsfertigern. Sein Vater war ein Humangenetiker aus Malaysia mit 17 Geschwistern, und seine Großmutter stammt aus China, deren Nachkommen über ganz Asien verstreut sind. So kam es, dass Stevenson schon im Kindesalter häufig China bereiste und die dortige Mentalität kennenlernte. Das waren beste Voraussetzungen, um dort passende Geschäftspartner für die Entwicklung neuer E-Autos zu finden.
Nach eigenen Angaben haben er und seine Minderheitspartner – darunter die börsennotierte Beteiligungsgesellschaft Neon Equity von Thomas Olek und die Neu-Ulmer Factonet Holding – 30 Millionen Euro in das Projekt Elaris investiert. Hinzu käme die Aufnahme von Krediten und die Emission eines Genussscheins. Mit diesem Kapitalhintergrund soll der Vertrieb der Elektrofahrzeuge nun ganz klassisch über die Autohäuser erfolgen. Die ausschließliche Online-Vermarktung, etwa über die Plattform „Autohelden“, brachte nicht die gewünschten Verkaufszahlen. Die Nachfrage der Autohändler sei groß, weil ihren Werkstätten zunehmend das lukrative Wartungsgeschäft von Verbrennermotoren verloren gehe, erklärt Stevenson. Außerdem biete Elaris den Händlern eine höhere Marge als Volkswagen. Schon 200 Händler habe man unter Vertrag; diese Zahl soll bis zum Jahresende noch auf 350 steigen.
Bis dahin rechnet Stevenson auch mit der Herstellerlizenz vom Kraftfahrt-Bundesamt, damit alle Autos mit dem eigenen Markenlogo versehen werden können und nicht mehr das Logo des Lieferanten tragen müssen. Unkonventionelle Marketingstrategien zur Logo-Offensive werden bereits umgesetzt. Neuerdings macht sich der „Bierfluencer“ Clemens Brock für den Elektroauto-Importeur stark. Schon im August wurde bekannt, dass die rheinland-pfälzischen Auto-Visionäre neue Top-Sponsoren des 1. FC Union Berlin werden. Als Mobilitätspartner bietet Elaris den Hauptstadt-Kickern ein Sortiment elektrisch angetriebener Autos, das vom Kleinstwagen Dyo über den Leo und Jaco bis hin zum Elektro-SUV Beo reicht. Mit einer gezielten Marketingaktion sollen außerdem alle AvD-Mitglieder angesprochen werden. Für das Jahr 2024 hat sich Lars Stevenson sehr ehrgeizige Ziele gesteckt: er will 12.500 E-Autos verkaufen und 600 Millionen Euro umsetzen. Auf Nachfrage räumt er ein, dass er den angekündigten Gang an die Münchner Börse wegen des unsicheren Marktumfeldes zunächst zurückgestellt hat. Unterstützt wurden die Börsenpläne von der Frankfurter Neon Equity AG, die in Unternehmen mit großem Wachstumspotenzial investiert. Dazu zählt CEO Thomas Olek eben auch das Start-up aus der Pfalz: „Der Markt für Elektrofahrzeuge ist ein stark wachsender Zukunftsmarkt weltweit. Mit Fokus auf nachhaltige, grüne Technologien erfüllt Elaris unsere Investmentkriterien bestens.“
Die Popularisierung der Elektromobilität scheint ihn trotz aller Herausforderungen zeitlich noch nicht ganz auszufüllen. So betreibt er – ebenfalls mit Sitz in Grünstadt – auch noch eine Weinmanufaktur. „Für mich ist Wein eine Leidenschaft, eine Kunst und Lebensfreude. Dieses Gefühl zu vermitteln und Menschen zu begeistern, war die Motivation für die Weinmanufaktur Stevenson“, erläutert er. Zusammen mit seinem Freund Arnd Dietrich entwickelt und kultiviert er Weine. Auch das mit Erfolg.