Baar – Christoph Kirchenstein gilt als entscheidender Faktor beim Markterfolg der Vertragshilfe24. Er verweilt nun offenbar im Tessin. Sven Enger führt die Gruppe weiter. Doch was tut sich genau bei Vertragshilfe24?
Rein rechnerisch besitzt jeder Deutsche mehr als eine Lebensversicherung, obwohl dieses Finanzprodukt längst nicht mehr das hält, was es immer versprochen hat: eine solide Zusatz-Altersabsicherung neben der gesetzlichen Rente zu sein. Mehr als ein Viertel der deutschen Lebensversicherer habe ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten, befand schon vor fünf Jahren der Bund der Versicherten (BdV). 22 von 84 untersuchten Versicherern hätten Probleme mit ihrer Zahlungsfähigkeit oder eine negative Gewinnerwartung. Diese aufschlussreiche Auswertung fußte auf den von der Europäischen Union vorgeschriebenen Berichten, in denen die Versicherungsanbieter ihre Finanzlage offenlegen müssen. „Die Tektonik der Lebensversicherer ist in Gefahr“, warnte der BdV und verwies auf die Niedrigzinsen und Unsicherheiten bei den Unternehmensanleihen. Die Versicherer müssten ihr Eigenkapital erhöhen, ihre Anlagen diversifizieren und generell für mehr Transparenz sorgen, mahnten die Verbraucherschützer. Das Grundproblem seien die hohen Garantiezinsen aus den 90er-Jahren, die sie nicht mehr selbst erwirtschaften könnten. Den Befund, dass jeder vierte Lebensversicherer ernste Probleme hat, nahm der BdV zum Anlass, einmal mehr von Lebensversicherungsverträgen abzuraten. Es sei keine gute Idee mehr, als Kapitalanlage oder zum Sparen eine Lebensversicherung abzuschließen. An dieser fünf Jahre alten Einschätzung hat sich bis heute nichts geändert.
Der damalige Vorstandsvorsitzende des Bundes der Versicherten, Axel Kleinlein, berät heute über die Informationsplattform Vertragshilfe24 Kunden bei der vermögenssichernden Abwicklung ihrer unrentabel gewordenen Lebensversicherungen. Jahrzehntelang galten die als finanzieller Sicherheitsanker im Portfolio der Sparer. Lebensversicherte erwarteten keine große Rendite, sondern wollten einfach den eigenen Ruhestand genießen oder die Angehörigen im Todesfall abgesichert wissen. Aber dieser völlig berechtigten Erwartungshaltung werden die Versicherungsanbieter nicht mehr gerecht.
Alle mit den Auszahlungen ihrer Lebensversicherung Unzufriedenen treibt die Frage um, wie sie ihr investiertes Kapital vor Wertverlust schützen können. Viele denken im ersten Moment an den Verkauf oder die Kündigung ihrer Lebensversicherung, ohne zu wissen, dass das für sie die finanziell schlechteste Lösung wäre. Beides wäre zwar schnell erledigt, aber beim Verkauf oder der Kündigung der Verträge verzichten die Kunden unwiderruflich auf eine Reihe von Ansprüchen gegenüber dem Versicherer. Um wesentlich mehr Geld als nur den aktuellen Rückkaufswert zu bekommen, empfiehlt sich die Rückabwicklung der Lebensversicherungen. Liane Kirchenstein, die über ihre in Baar ansässige Konzeptional GmbH das Verbraucherschutzportal Vertragshilfe24 betreibt, ruft immer wieder die Nachteile heutiger Versicherungspolicen in Erinnerung. „Zu hohe Kosten und geringe Zinserträge führen dazu, dass viele Kunden feststellen müssen, dass sie weniger Geld ausgezahlt bekommen, als sie erwarten“, stellt die Versicherungsexpertin fest. „An dieser Situation wird sich systembedingt höchstwahrscheinlich nichts ändern. Deshalb empfehlen wir eine Abwicklung der Lebensversicherung zu prüfen, bevor man keinen Handlungsspielraum mehr hat.“
Rechtsanwalt Werner Hogrefe bedauert, dass die Kunden oftmals gar nicht wissen, welche Ansprüche sie gegenüber den Versicherern haben und wie sie diese durchsetzen können. In einem Interview mit dem früheren Versicherungsvorstand Sven Enger von Vertragshilfe24 bemüht sich der Experte für Kapitalmarkt- und Steuerrecht um eine bestmögliche Verbraucheraufklärung. Er erinnert an die Urteile des Bundesgerichtshofes (BGH) aus den Jahren 2005 und 2006, mit denen die Verbraucherrechte gestärkt wurden. Demnach müssen die Lebensversicherungen sicherstellen, dass die Kunden angemessen an den Vermögenswerten beteiligt werden, die mit ihren Beiträgen erwirtschaftet wurden. Versicherungen seien verpflichtet, Überschussbeteiligungen und nicht genutzte Sicherheitszuschläge an die Versicherten auszuzahlen, betont Hogrefe. Doch viele Anbieter behandelten diese Gelder – ohne jede Transparenz – schlicht wie Eigenkapital. „Die nicht genutzten Sicherheitszuschläge sollten eigentlich am Vertragsende den Versicherten zurückgezahlt werden, da sie als Fremdkapital gelten. In der Realität sieht es jedoch oft anders aus“, kritisiert der Fachanwalt. Die Versicherungen würden Gelder einfach einbehalten, die sie eigentlich gar nicht einbehalten dürften. Hogrefe legt den Betroffenen deshalb die Prüfung ihrer Verträge und die Einschaltung professioneller Gutachter ans Herz. Hier kommen die Profis von Vertragshilfe24 ins Spiel, die durch kostenlose Vertragsprüfungen ermitteln, welche Verträge überhaupt für eine finanziell lohnende Rückabwicklung in Frage kommen. Bei einer erfolgreichen Prüfung werden die Kunden innerhalb von 72 Stunden von einem angeschlossenen Spezial-Dienstleister kontaktiert, der in einem völlig unverbindlichen Gespräch alle offenen Fragen klärt.
Jüngst unterstrich in einem Gespräch mit Sven Enger auch Professor Philipp Schade, dass vielen Versicherten deutlich mehr Geld zusteht, als sie von ihrer Lebensversicherung tatsächlich ausgezahlt bekommen. Der renommierte Versicherungsmathematiker nannte Zahlen: „Bei etwa zwei Dritteln der Verträge, die mein Team und ich geprüft haben, wurden die Versicherten nicht angemessen an den Überschüssen beteiligt.“ Der BGH habe in mehreren Urteilen – zuletzt 2020 und 2024 – die Rechte der Verbraucher gestärkt, sagte Schade und beklagte aus Sicht der Betroffenen die Schwierigkeit der Beweisführung. Kläger argumentierten oft mit der Eigenkapitalrendite oder Nettoverzinsung, obwohl der BGH entschieden habe, dass diese Werte zur Anspruchsberechnung ungeeignet seien. Der Versicherungskenner rät zu fundierten Gutachten, um alle finanziellen Ansprüche gegen die mauernden Versicherungskonzerne durchzusetzen.
Vertragshilfe24 weist darauf hin, dass die Besitzer von Lebensversicherungen auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auf ihrer Seite haben. Die BaFin hat wiederholt das Problem der unverhältnismäßig hohen Effektivkosten bei fondsgebundenen Lebensversicherungen angesprochen. Bei vielen Versicherungen überschreiten die Effektivkosten die Vier-Prozent-Marke, ab der selbst bei geringfügig gestiegenen Zinsen die Renditechancen für die Versicherten erheblich sinken. „Effektivkosten umfassen sämtliche Abzüge, die Versicherer von den Erträgen eines Vertrags vornehmen“, erläutert Vertragshilfe24. Ein Rechenbeispiel: Wenn ein Vertrag in der Theorie eine sechsprozentige Verzinsung aufweist, aber vier Prozent Effektivkosten anfallen, bleibt dem Versicherten bloß eine zweiprozentige Rendite. Sven Enger weiß, dass viele Versicherer nicht einmal sechs Prozent Verzinsung erreichen und erst recht keine Rendite oberhalb der Effektivkosten. Sein bitteres Fazit: „Bei diesen hohen Kosten wird es für die Kunden fast unmöglich, eine positive Rendite zu erzielen.“ Deshalb rät er zur Abwicklung der Policen.